Gesetzesvorschlag des HVÖ zum ärztlichen Suizidbeistand

Verfassungsgerichtshof
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Wie berichtet habe ich als Vertreter des HVÖ am Dialogforum “Sterbehilfe” teilgenommen. Wir haben versucht, dort trotz des großen Ungleichgewichtes zwischen religiösen und säkularen Gruppen, unsere säkularen Standpunkt deutlich zu machen. Das findet sich im Protokoll des Dialogforums wieder.
Um diesen Standpunkt noch klarer zu machen weisen wir auf einen Gesetzesvorschlag hin, der unseren Standpunkt in der aktuellen Phase wiederspiegelt. Den Gesetzesvorschlag hat der Verein “Letzte Hilfe” gemeinsam mit führenden Fachleuten erarbeitet. https://www.letztehilfe.at/downloads/

Die Kernpunkte sind :

  1.  Der Hilfesuchende muss volljährig sein.
  2.  Der Hilfesuchende muss einsichts-, urteils- und äußerungsfähig sein.
  3. Antragstellung
  4. Zeugen, die nicht nahe Verwandte oder Lebenspartner sein dürfen
  5. Vertrauensärzte, die nicht dazu gedrängt oder gezwungen werden dürfen, überwachen und beraten
  6. Staatliche Koordinationsstelle, die alle Verfahren dokumentiert (und überwacht) sowie einen jährlichen Bericht erstellt, sowie Bereitstellung    des   bundesweiten    öffentlichen   Suizidbeistand-Registers

    Unsere längerfristige Perspektive:
  1. Längerfristig sind wir für eine Freigabe der Altersgrenze, denn entscheidungsfähigen Minderjährigen soll Freitodhilfe nicht versagt werden
  2. Freitodhilfe darf nicht an bestimmte medizinisch quantifizierbare Voraussetzungen geknüpft werden
  3. Mindestverfahrensdauer und Höchstverfahrensdauer
  4. Erweiterter ärztlicher Suizid-Beistand ( Aktive Sterbehilfe )

Der HVÖ unterstützt die Leitlinien der ÖGHL, die teilweise derzeit noch nicht umsetzbar sind und daher auch nicht vollständig in die Gesetzesvorlage eingeflossen sind.

  1. Wir betrachten das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende als wesentlichen Teil der Autonomie des Menschen, deren Betonung und Anerkennung im Lauf der Geschichte zunahm und weiter zunehmen wird. Dieses Recht wurde vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof ausdrücklich bekräftigt.
  2. Das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende umfasst auch das Recht auf Sterbehilfe. Auch dieses Recht wurde vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof bestätigt.
  3. Die ÖGHL engagiert sich dafür, dass ab 2022 Sterbehilfe auch tatsächlich verfügbar ist, und nicht durch gesetzliche Regulierungen in der Praxis unmöglich wird. Schutz vor Missbrauch ist wichtig, darf aber das Selbstbestimmungsrecht nicht einengen oder gar verunmöglichen.
  4. Die ÖGHL betont den ethischen und zeitlichen Vorrang von Palliativmedizin sowie psychischer und emotionaler Betreuung vor jeder Entscheidung zum Freitod. Sollte die ÖGHL in Zukunft individuelle Beratung anbieten, dann wird diese ergebnisoffen sein. 
  5. Jeder Mensch darf selbstverständlich für sich selbst Sterbehilfe ablehnen, etwa aus religiösen Gründen. Ein säkularer Staat darf Glaubensvorschriften aber nicht zur Grundlage staatlicher Regulierung machen, die für alle gelten.
  6. Die ÖGHL richtet ihre Tätigkeit vor allem auf ein Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende im Kontext von unausweichlichem schwerem körperlichem oder psychischem Leid, insbesondere bei unheilbaren Krankheiten, unter ärztlicher und psychologischer Betreuung, und bei aufrechter Urteilskraft des Leidenden.
  7. Die ÖGHL propagiert mittelfristig die weitere Legalisierung der Sterbehilfe, insbesondere die Liberalisierung von §77StGB „Tötung auf Verlangen“ durch Einfügung geeigneter qualifizierter Ausnahmen, in denen auch aktive Sterbehilfe zulässig ist.
  8. Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen und Minderjährige dürfen nicht diskriminiert werden, denn auch für diese gilt das Recht auf Selbstbestimmung.
  9. Jeder Mensch sollte sich ungeachtet seines Alters und seines Gesundheitszustandes vorsorglich in angemessener Form mit seinem Lebensende und dessen möglichen Begleitumständen befassen.
  10. Die ÖGHL propagiert dafür das Instrument von Sterbeverfügungen, mit denen der Einzelne seine konkreten Vorstellungen von seiner letzten Lebensphase und insbesondere seinen Wunsch nach Sterbehilfe bzw. Freitodbegleitung verbindlich festhalten kann.

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