Statement des Humanistischen Verbandes HVÖ zum Ethikunterrichtsgesetz vom Juni 2020:

Ethikunterricht in Österreich
Ethikunterricht in Österreich

Die Humanisten des Humanistischen Verbandes Österreich HVÖ sind wütend. „Die Regierungsvorlage zum Ethikunterricht zwingt Nicht-Religiöse zu einem Ersatz von etwas, was nicht ihre Sache ist.“ Sagt Gerhard Engelmayer, der Präsident des HVÖ.  „Gleichzeitig betont sie die Wichtigkeit von Ethikunterricht, schließt aber alle Religiösen dabei aus.“

Es ist ein fauler Kompromiss, der weder pädagogisch sinnvoll ist, noch die wichtige Frage der Integration von Andersgläubigen berücksichtigt, noch der Verfassung entspricht. Die Regierenden haben keine Lösung zustande gebracht, die die Experten vorgeschlagen haben, die den positiven Erfahrungen mit dem Schulversuch und den Erfahrungen im Ausland entspricht und die von der Mehrheit der Bevölkerung gutgeheißen wird.

Wieder blockiert die konservative Reichshälfte die längst fällige Einführung des Ethikunterrichtes für alle. So bleibt die Kirche, die in allen Umfragen verheerende Imagewerte erzielt,  als politischer Faktor ein einflussreicher Hemmschuh österreichischer Politik. Das ist in einem sich als säkular verstehendem Staat ein Indiz dafür, dass die Verantwortlichen noch immer nicht verstanden haben, was einen modernen pluralistischen Staat ausmacht: Die religionspolitische Neutralität! „Religion hat als Glaubensinstitution in der Schule genauso wenig verloren wie am Gericht oder im Spital“, so Engelmayer.

Ein rund 20 jähriger Schulversuch „Ethikunterricht“ hat durchwegs positive Resultate erzielt, wie aus der Evaluierung von Prof. Anton Bucher von der Universität Salzburg „Ethikunterricht in Österreich“ aus 2014 hervorgeht. Ein überwältigender Anteil der Beteiligten hat in Buchers Untersuchung für den Ethikunterricht für alle gestimmt, dieses Ergebnis wurde durch eine Untersuchung des Gallup Institutes unter der Bevölkerung Österreichs Ende Mai 20 eindrucksvoll bestätigt.

Schon in der Ethik-Enquete 2011 hat Österreichs Philosoph Nr. 1, Prof. Konrad Paul Liessmann,  darauf hingewiesen: „Ethikunterricht kann kein Ersatz für den Religionsunterricht sein, weil Ethik kein Ersatz für Religion ist…. Gelingen kann Ethikunterricht nur, wenn man anerkennt, dass die Ethik seit der Antike Ausdruck des Willens der Menschen ist, die Fragen ihres Zusammenlebens weder einem Gott noch einer Kirche zu überlassen, sondern ihrer eigenen Souveränität und Vernünftigkeit zu überantworten.“ Diese Expertise des fachlich qualifiziertesten Wissenschaftlers Österreichs ist einfach beiseitegeschoben worden.


Das Wort „Ersatzfach“ wird früher oder später unvermeidlich die Klagen konfessionsloser Eltern provozieren. In Deutschland  ist die Bezeichnung „Ersatzfach“ mit dem Urteil vom Juli 1998 schon gekippt worden.

Wenn der Ethikunterricht, wie von allen Seiten bestätigt, in unserer heutigen Zeit so viel Sinn macht und für die humanistische Entwicklung der jungen Menschen so wichtig gehalten wird, dann wäre es unverantwortlich, diesen Unterricht den religiösen Schülern und Schülerinnen vorzuenthalten, noch dazu, weil in diesem Unterricht viele Themen der Lebenskunde zur Sprache kommen (Werte, Sinnfindung im Leben, Diskussionskultur, Achtsamkeitsübungen etc.) .

Hier möchten wir besonders auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verweisen. Schon daraus lässt sich ableiten, dass wir auf weltliche Art und Weise an

die Grundwerte herangehen sollten, ohne dass wir damit die anerkannten Religionen in Frage stellen.

Rückfragen an: Dr. Gerhard Engelmayer info@humanisten.at

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1 Antwort

  1. Franz Oberleitner sagt:

    Ethikunterricht für alle finde ich sehr gut, aber auch Religionsunterricht für alle eingetragenen Mitglieder. Nur so kann die Gemeinschaft sicher sein, daß keine wie immer aussehenden “Sekten-
    meinungen” verbreitet werden. (Sonntagsschulen, Koranschulen, Thoraschulen, etc.)
    Für Kinder OB würde ich eine “Weltgeschichte der Religionen” vorschlagen.

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